Seine tosenden Wassermassen machen ihn zu einer der meistbesuchten Touristenattraktionen der Schweiz. Doch längst ist der Rheinfall mehr als ein Naturspektakel: Rundum sind kulturelle, touristische und sportliche Highlights entstanden. Höchste Zeit für eine Entdeckungstour durch die Erlebniswelt Rheinfall.
Text: Markus Bührer, kommpass GmbH | Fotos: z.V.g.
Die Morgensonne tanzt auf den zuckenden Wellen; ein junger, noch leicht grauer Schwan lässt sich lässig darauf treiben und plustert sich auf. Es ist ruhig und idyllisch an der Schaffhauser Schifflände. Vor uns fliesst der Rhein, hinter uns thront in der Distanz die Festung Munot. Doch plötzlich kommt Bewegung in die Menge. «Äs chunt», ruft ein Dreikäsehoch aufgeregt und zeigt mit dem Finger auf das knallrote Vehikel, das sich uns nähert: den Rhyfall-Express. Das Zügli auf Rädern soll uns zu einer der meistbesuchten Touristenattraktionen der Schweiz bringen – die Rede ist natürlich vom Rheinfall. Mehr als anderthalb Millionen Gäste zieht das Naturspektakel jährlich an und auch wir wollen uns heute auf eine Entdeckungsreise rund um den grössten Wasserfall Europas machen. Eine halbe Stunde lang tuckern wir mit dem Rhyfall-Express der Schaffhauser Altstadt und dem Rhein entlang bis nach Neuhausen am Rheinfall. Bald schon übertönt ein erst leises, dann schnell ansteigendes Rauschen die Motoren; Vorfreude zeigt sich auf den Gesichtern der Fahrgäste. Eine letzte Kurve, dann liegt er weissschäumend und tosend vor uns …
Ganz oben auf dem Felsen
Ungeheure Wassermassen stürzen sich auf 150 Metern Breite in die Tiefe. Rund 600'000 Liter pro Sekunde seien es im Sommer, erfahren wir vom hilfsbereiten Bootsführer, der uns zum Rheinfallfelsen inmitten des gewaltigen Stroms bringen soll. Wir haben das anfängliche Staunen hinter uns gebracht, die ersten Erinnerungsfotos geschossen und fühlen uns unternehmenslustig. Je näher wir dem Felskoloss kommen, desto ohrenbetäubender wird das Tosen und desto mehr fragen wir uns, wie dieses kleine Boot gegen die immense Wassermenge ankommen soll. Doch die Sorge ist unbegründet: Souverän und mit vollem Motoreneinsatz legt der Kapitän am Landesteg an und lässt uns aussteigen. Ein paar Dutzend Treppenstufen gilt es noch zu bewältigen, dann haben wir es geschafft. Die atemberaubende Aussicht ist wild und gleichzeitig irgendwie beruhigend: Ringsum kracht der reissende Strom auf Gestein, schäumt auf und nässt uns mit seinem Sprühnebel, doch schaut man genauer hin, hat das vorbeiziehende Wasser eine schon fast hypnotisierende Wirkung. Ewig könnten wir hier verweilen, doch das Boot ruft – und schliesslich haben wir noch Pläne.
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«Der Rheinfall in 4 Jahreszeiten» ist die erste immersive Filmproduktion, die eigens für die Rhyality Immersive Art Hall kreiert wurde. Er zeigt im Verlauf eines Jahres aufgenommene Kamera- und Drohnenaufnahmen des Naturspektakels Rheinfall.
Zurück an Land bewegen wir uns dem Nordufer entlang und geniessen eine ganz neue Perspektive, während wir uns der Abbruchkante nähern. Doch wir lassen den Rheinfall hinter uns und betreten das ehemalige Industrieareal, die Wiege der Schweizer Aluminiumindustrie und die Geburtsstätte des Weltkonzerns SIG, wo heute auch die eine oder andere Touristenattraktion zu finden ist. Unser erster Besuch gilt Smilestones, denn dort sollen sich gleich einige dieser Sehenswürdigkeiten verstecken. Dazu gehören das Matterhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau oder das Städtchen Stein am Rhein – alles im Massstab 1:87. Gespannt betreten wir also das Smilestones-Foyer und werden schon von den Klängen einfahrender Modellzüge und aufgeregter Besucher begrüsst. Das Appenzellerland bildet den Auftakt in unsere Miniatur-Schweizerreise und bringt uns mit seinem Detailreichtum ins Staunen. Als Erstes sticht uns die Landsgemeinde ins Auge, doch je länger wir hinschauen, desto mehr humorvolle Kleinigkeiten entdecken wir: die drei Appenzeller aus der Käsewerbung etwa, einen Nacktwanderer oder den Fuchs, der die Gans gestohlen hat. Schmunzelnd bewegen wir uns durch die Landschaften, entdecken das Bett im Kornfeld, ein abgestürztes Ufo oder den Übungs-Rütlischwur auf einem Inselchen oberhalb des Rheinfalls. Nicht absolute Realitätsgetreue scheint hier das Motto zu sein, sondern Swissness mit einem Augenzwinkern – uns gefällt es. Und damit sind wir nicht allein: «Lueg emol» und «mira, mira» schallt es in verschiedenen Sprachen durch den Raum. Besonders beliebt scheint die kleine Schokoladenfabrik eines bekannten Schweizer Herstellers zu sein, die echte Schokokugeln ausspuckt – auch wir bedienen uns freudig.
Rheinfall für alle Sinne
Nach einer guten Stunde Smilestones haben wir uns sattgesehen an den zahlreichen Einzelheiten und machen uns auf den Weg. Denn nur wenige Schritte weiter wartet das nächste audiovisuelle Spektakel auf uns: Rhyality. Als immersive Erfahrung wird es angepriesen – unsere Neugier ist geweckt. Wir betreten einen hohen, sechseckigen Raum in einer der alten SIG-Industriehallen und sind gleich mittendrin. An den Wänden, der Decke und sogar auf dem Boden wechseln sich eindrückliche und kunstvolle Videoprojektionen der Natur am und um den Rheinfall ab. Im Zeitraffer sehen wir Tag und Nacht an uns vorbeiziehen, schon fliegen wir über den Wasserfall hinweg und plötzlich sind wir wieder ganz nahe dran. Fische ziehen unter uns hinweg und werden von den Kindern im Publikum aufgeregt gejagt, um uns herum zwitschern Vögel. Nach und nach erleben wir hautnah die vier Jahreszeiten, jede begleitet von einer ganz eigenen musikalischen Stilrichtung – Alphornklänge, Operngesang und geflüsterte Rilke-Gedichte in den vier Landessprachen strömen aus allen Richtungen und in hochstehender Tonqualität auf uns ein. Was im Rheinfallbecken streng verboten ist, wird hier zur Wirklichkeit: Wir sind tatsächlich in den Rheinfall eingetaucht. Die Rheinfallbeleuchtung – das traditionelle Feuerwerk am Vorabend des 1. August – aus Drohnenperspektive bildet den Abschluss eines Erlebnisses, das alle Sinne berührt.
«Ungeheure Wassermassen stürzen sich auf 150 Metern Breite in die Tiefe. Rund 600'000 Liter pro Sekunde seien es im Sommer, erfahren wir vom hilfsbereiten Bootsführer.»
Der Höhepunkt der Panorama-Route im Adventure Park ist der eindrucksvolle Blick auf den Rheinfall.
«35 Mitarbeitende erschufen diese einzigartige Welt mit Miniatur-Schienen, Autos, Figuren und Häusern in rund 25'000 Arbeitsstunden. Wow.»
Überwältigt und begeistert verlassen wir Rhyality. Nachdem wir uns berieseln lassen konnten, steht zum Abschluss unseres Rheinfallausflugs noch ein Kraftakt auf dem Programm: Klettern im Adventure Park. Zwar sind wir alles andere als geübte Bergsteiger, aber die Aussicht soll umwerfend sein. Entsprechend wählen wir natürlich – Klettergurt montiert und Instruktion absolviert – den Panoramaparcours. Hoch über dem Boden tasten wir uns vorsichtig vorwärts und langsam weicht das angespannte Herzklopfen einem ganz anderen Kribbeln im Bauch: Der unvergleichliche Ausblick auf den Rheinfall, das Schlössli Wörth, das Schloss Laufen und die Wälder in ihrem satten Grün macht uns sprachlos. Eine knappe halbe Stunde später sind wir zwar froh, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben – aber wir wissen bereits, dass dies nicht unser letzter Besuch am Rheinfall war.
Weitere Informationen:
Webseite rheinfall.ch