Im go tec! Labor in Neuhausen passiert auf kleinem Raum oft ganz Grosses. Kinder im Primarschulalter können sich hier ganz ihrem Tüftelgeist und ihrer Neugier hingeben. Mit Freude und Beharrlichkeit entstehen kleine technische Meisterwerke.
Text: Ursina Storrer | Fotos: module+
Vier kleine Figuren aus Kork und Strohhalmen drehen sich stetig im Kreis, als würden sie im Takt tanzen. Zwei Holzstücke klopfen abwechselnd auf leere Konservendosen. Sichtlich zufrieden und stolz steht Oliver (12) vor seiner selbst gebauten Klangmaschine und dreht an der kleinen Holzkurbel, die alles zum Laufen bringt. Rundherum werkeln und probieren noch 15 andere Kinder in der Halle des go tec! Labors in Neuhausen: Während sich hier sonst Schulklassen ganz praktisch mit Technik und Mechanik beschäftigen, finden an Nachmittagen oder blockweise in den Schulferien vielfältige Kurse statt. «Das ist schon mein siebter Kurs. Am coolsten war das Robotik Camp diesen Sommer – ich habe einen Tanzroboter gebaut», erzählt Oliver voller Eifer.
In der Schule gefällt ihm das Fach «Handarbeit» besser als «Werken». Er arbeite gerne genau. Er vermisse aber auch grosse Maschinen und vielfältiges Material. In dieser Hinsicht ist das go tec! Labor bestens ausgerüstet: Vierundzwanzig Lötplätze, Laserschneider, 3D-Drucker und eine grosse Werkstatt – hier findet sich alles, was das tüftelnde Herz begehrt.
Hier könnte es brenzlig werden: Mit einer ruhigen Hand und Geduld gelingt das Löten aber mühelos.
Kurbelwellen überall: Theoretische Inputs und Bausätze schaffen ein Grundverständnis, Kreationen anderer Kinder lassen den kreativen Funken springen.
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt: Nele und Noelia (beide 11) haben sich für die Zeit des Tüftelcamps bei Nele’s Grossmutter in Neuhausen einquartiert. Die beiden wohnen nicht im Kanton Schaffhausen, kommen aber nicht zum ersten Mal in einen Kurs des go tec!. «Es klemmt immer mal wieder etwas – das macht mir aber nichts aus – genau hinschauen und nachbessern löst das Problem meistens», meint Noelia gelassen. Auf ihrer Lochplatte neigen sich abwechselnd ein Krug und ein Glas, angetrieben durch eine Kurbelwellenkonstruktion – in der Mitte der Platte liegen Zucker und Eiswürfel aus Styropor. «Ich glaube das heisst Caipirinha», sagt die kleine Konstrukteurin und schaut etwas fragend zu ihrer Schulfreundin Nele hinüber, während sie mit einem Marker einem auf Schnitzform zugeschnittenen Stück Sperrholz die Zitronenrinde aufmalt. Auf Neles Platte zeichnet sich indessen ein abenteuerliches Schauspiel ab: Nur ein kurzes Stück Nylonfaden fehlt noch, um eine kleine Holzfigur mit blauem Badeanzug immer und immer wieder von einer Styroporklippe springen zu lassen. «Wir haben uns irgendwie gegenseitig inspiriert. So sind nach und nach die beiden Ideen entstanden», erklärt sie. Bald arbeiten beide ruhig weiter. Mädchen voller Selbstbewusstsein in einem technischen Umfeld: In der hohen Industriehalle des go tec! Labors liegt ein Hauch von Zukunft in der Luft.
«Es klemmt immer mal wieder etwas – das macht mir aber nichts aus.»
Noelia (11), tüftelte an der Kurbelwellenkonstruktion «Caipirinha»
Beim Drehen an der Kurbel zeigt sich, ob genau gearbeitet wurde: Nur wenn alles stimmt, läuft die ganze Konstruktion.
«Zwischendurch war ich echt nervös, weil ich eine Achse im System etwa sechsmal abbauen musste.»
David (12), kleiner Konstrukteur einer «Karosseriebauanlage mit Schiessstand und Kohleabbau»
An die Zukunft möchte David (12) gerade noch nicht denken. Und wenn, dann eher an die unmittelbare: Kurz nach elf Uhr, am letzten Tag des Tüftelcamps, beugt er sich konzentriert über eine Löthilfe mit Klemmen und Lupe, den dreihundert Grad heissen Lötkolben locker in der Hand. Zur Fertigstellung seiner ertüftelten Konstruktion, einem Kreislauf, den er wie selbstverständlich als «Karosseriebauanlage mit Schiessstand und Kohleabbau» bezeichnet, fehlen nur noch wenige Arbeitsschritte. «Bis zwölf Uhr werde ich locker fertig», meint er siegessicher. So überzeugt war er nicht immer, wie er zugibt: «Zwischendurch war ich echt nervös, weil ich eine Achse im System etwa sechsmal abbauen musste und es bis gestern einfach nicht klappen wollte». Nach der Überwindung dieser Schwierigkeit fehlen ihm nun nur noch zwei Lämpchen als Markierung von Zielscheiben. Im Stromkreis mit Batterie braucht es noch einen Widerstand («ohne den ist der Stromfluss zu stark für die LED-Lampen», erklärt der Zwölfjährige wie selbstverständlich). Bald ist alles in der richtigen Reihenfolge zusammengelötet. Doch dann, es ist mittlerweile zwanzig nach elf: Nur eine Lampe brennt. Der junge Tüftler lässt sich nicht beirren: «Ich muss wohl nochmal abisolieren und neu verlöten», denkt er laut vor sich hin. Das go tec! Labor ist ein eindrückliches Beispiel dafür, was passiert, wenn man Kinder ganz ohne Druck in einem Umfeld machen lässt, das sonst eher von Erwartungshaltungen geprägt ist. Und plötzlich ist Physik faszinierend und Mechanik fesselnd – alles läuft.
Weitere Informationen:
Webseite go-tec.ch